Eine Beschreibung der Intention von »Himmelsbeweise« könnte so lauten: Diese Website richtet sich an alle, die Freude daran haben, zu schauen und selbst zu denken. Als Anregung möge folgendes Beispiel, eine Alltagsbeobachtung, dienen: Wenn man im öffentlichen Raum ungewollt und zufällig Telefongesprächen zuhört, dann ist die erste Frage der mobil telefonierenden Person zumeist diese: »Wo bist du?« – Das ist interessant. Denn es gibt offenbar ein Bedürfnis, wissen zu wollen, wo sich die Person, mit der man gerade fernmündlich spricht, befindet. Zugleich geht es auch um die Selbstvergewisserung über Ort und Zeit, wo man sich selbst grade befindet. Denn man setzt sich ja im Moment des Gesprächs mit dem oder der Anderen in Bezug zu ihm oder ihr.
Um einen exakten Ort zu wissen bzw. zu bestimmen, dafür gibt es mehrere Möglichkeiten. Die genaueste sind die Geodaten, die man anhand der Kreuzungspunkte der Breitengrade und der Längengrade feststellt. Die Voraussetzung für dieses Netz, das abstrakt und kreisförmig über den Planeten Erde gelegt wurde, ist der Blick auf die Erde, also der Blick von oben. Umgekehrt gibt es den Blick von der Erde nach oben, gen Himmel, von unten; der ist konkret – sowohl der Himmel, als auch der Blick.
Der Blick in den monochromen (Tages-)Himmel – zumal wenn der Himmel wolkenlos ist – bietet keinerlei Orientierung. Der einzige »Punkt«, den man erspähen kann oder könnte, ist die Sonne; aber wer tut das schon, man ruiniert sich die Augen, wenn man sie anschaut, wenn man das Licht schaut; ins einfärbige Licht schaut, ohne dort etwas Abgebildetes erspähen zu können. Hingegen: Monochromie in der Malerei wird oft als die höchste Stufe der künstlerischen Abstraktion bezeichnet, weil jeder abbildende Hinweis auf Gegenstände fehlt. Das ist zugleich richtig und falsch. Richtig, weil es sich um Farbe pur handelt, falsch, weil doch auch immer etwas zu sehen ist: nämlich die Spur des Malakts, die der·die Künstler·in hinterlassen hat. Somit kann man monochrome Gemälde durchaus als zugleich abstrakt und konkret bezeichnen. Freilich muss man dabei eingestehen, dass ein Akt, also ein Vorgang, nie ein Gegenstand sein kann.
Diese Website zeigt statt Gemälden Fotos des Himmels, denn es gibt die Monochromie auch in der Natur. Wer wollte bezweifeln, dass der Himmel Teil der Natur ist? Und da man den Himmel immer von einem Standort, einem Punkt, aus betrachtet, kann man mit einer Kombination dieser beiden Phänomene Orientierung herstellen. Die textliche Information der Fotos hier gibt abstrakte Auskunft über den Standort des Fotografen, die bildliche Information gibt konkrete Auskunft darüber, wie der Himmel über diesem Standort zu einer bestimmten Uhrzeit ausgesehen hat. Und das führt den Gedanken dieses Fotoprojekts zu einem weiteren Phänomen: zur Zeit. Aber das ist ein anderes Thema. Anhand der »Himmelsbeweise«, die in lockerer Folge zeigen und zeigen werden, wo und wann sich der Fotograf gerade befunden hat, wird eine Reflexion über »Zeit« und »Raum« und ihr notwendiges Wechselverhältnis angeregt.
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